Herzkrank durch Stress

14. Oktober 2020
Herzkrank durch Stress

Stress ist ein wesentlicher Risikofaktor für das Herz-Kreislauf-System. Bereits im antiken Griechenland wurde ein Zusammenhang zwischen Herz-Kreislauf-Erkrankungen und psycho-emotionalem Wohlbefinden beobachtet. Man lehrte damals, dass die Seele des Menschen im Herzen sitzt. Auch in der deutschen Sprache finden sich Redewendungen, beispielsweise „das habe ich mir zu Herzen genommen“ oder „das Herz ist vor Schreck stehen geblieben“. Ebenso wie nach einem Herzinfarkt sind bei stressinduzierten Herzerkrankungen regelmäßige Kontrollen beim Kardiologen empfehlenswert.

Wissenschaftlich belegt: Stress als Ursache von Herzerkrankungen

In der größten Studie zu Herz-Kreislauf-Risikofaktoren, der Framingham Studie, konnten wesentliche Risikofaktoren für Herzerkrankungen nachgewiesen werden. Psycho-soziale Faktoren als Ursache von Herzerkrankungen wurden allerdings erst 30 Jahre nach Studienbeginn anerkannt. Die Framingham Studie legte die Basis für die heutige Prävention von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Die Whitehall-II-Studie belegte einen eindeutigen Zusammenhang zwischen beruflichem Stress und der Herzinfarkt-Rate.

Während andere Risikofaktoren wie Diabetes, Bluthochdruck oder das Rauchen heutzutage als kardiovaskuläre Risikofaktoren unangefochten sind, werden psychische Belastungen oft leider nicht in gleichwertiger Weise berücksichtigt.

Psycho-emotionale Faktoren konnten jedoch wissenschaftlich an Primaten eindeutig nachgewiesen werden. Die Tiere entwickeln bei psycho-sozialem Stress eine chronische Überaktivierung des sympathischen Nervensystems, was u. a. zu vermehrtem Auftreten von Herzinfarkten und Arteriosklerose führt. Daneben wurden hormonelle Fehlregulationen sowie erhöhte Kortisol- und Cholesterinspiegel festgestellt.

Verschiedene Stress-Faktoren

Heute sind fünf psycho-soziale bzw. psycho-emotionale Hauptfaktoren bekannt, die Herzerkrankungen verursachen können: Depression, Charaktereigenschaften, Angst, soziale Isolation und chronischer Alltagsstress (familiär oder beruflich). In der aktuellen Corona-Pandemie spielen insbesondere die drei zuletzt genannten Faktoren eine noch viel größere Rolle. Die Folgen von psycho-emotionalem Stress, z. B. Rauchen, Inaktivität oder Übergewicht verstärken zudem die Entwicklung von Herzerkrankungen.

Während Arbeitslosigkeit das Herzkreislauf-Risiko um mehr als das Doppelte erhöht, sinkt mit steigendem Einkommen das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden. Neben dem psycho-sozialen Stress durch die Arbeitsumgebung hat auch die familiäre Situation einen Einfluss auf das individuelle Risiko. Verheiratete Männer weisen z. B. ein niedrigeres Herzinfarktrisiko und eine um ein Jahr verlängerte Lebenserwartung auf im Vergleich zu ledigen Männern.

Neben dem Erkennen und Behandeln von Stressfaktoren stellt die Stressreduktion z. B. nach einem Herzinfarkt eine wesentliche Säule in der sogenannten Sekundärprävention dar. Der Abbau von chronischen Stressbelastungen verhindert bei jedem 24. Betroffenen einen erneuten Infarkt.

Tako-Tsubo-Kardiomyopathie

Eine besondere Form der stressinduzierten Herzerkrankung ist die Tako-Tsubo-Kardiomyopathie. In der Akutphase fällt dabei die Kontraktion der Herzspitze aus. Dem Ereignis geht meist eine außergewöhnliche Stressbelastung emotionaler Natur voraus.

Die Patienten schildern Druck auf der Brust, Luftknappheit und können Zeichen einer Herzschwäche bis zum Schock aufweisen. Im EKG stellen sich ähnliche Veränderungen wie bei einem akuten Herzinfarkt dar. Bei Patienten mit Tako-Tsubo-Kardiomyopathie werden erhöhte Konzentrationen von Stresshormonen im Blut festgestellt, in der Herzkatheteruntersuchung zeigt sich dafür meist ein unauffälliges Bild.

Die Therapie umfasst neben einer intensivmedizinischen Überwachung die psycho-emotionale Abschirmung und Stressbewältigung. Insbesondere bei schwereren Verläufen sind Sterblichkeit und Langzeitprognose mit einem akuten Herzinfarkt zu vergleichen.

Diese schwere Form einer durch Stress ausgelösten Herzerkrankung verdeutlicht nochmals die ausgeprägte Wichtigkeit psycho-emotionaler Faktoren für das Herz-Kreislauf-System. Um Herz-Kreislauf-Erkrankungen gerade in Stresssituationen wie der aktuellen Corona-Pandemie zu vermeiden, sind regelmäßige kardiologische Untersuchungen sowie die Stressreduktion sehr wichtig.

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